Die Dynamik von Konflikten: Warum sie oft unter den Teppich gekehrt werden
Konflikte am Arbeitsplatz sind keine Seltenheit. Erfahren Sie, wie Storytelling dabei helfen kann, Spannungen zu lösen und das Miteinander zu verbessern.
Vor einigen Wochen wurde ich von einer Führungskraft gebeten, in einem Konflikt zwischen zwei Mitarbeitern zu vermitteln. Beide sind seit vielen Jahren im Unternehmen tätig, fleißig, kompetent und haben ein gutes Verhältnis zur Chefin und den anderen Kollegen im Büro.
Doch etwas scheint zwischen ihnen nicht zu stimmen, meinte die besorgte Vorgesetzte. Sie war sich sicher, dass irgendetwas ihre Beziehung belastet, denn sie sprachen nur das Notwendigste miteinander und gingen sich bei jeder Gelegenheit aus dem Weg. Als ich sie offen darauf ansprach, verneinten sie jegliche Unstimmigkeiten und betonten, dass es ausreiche, einfach Kollegen zu sein und sich nicht lieben zu müssen.
Zuletzt gab es jedoch einen heftigen Streit zwischen den beiden aufgrund der Ablagesystematik, und die anderen Kollegen mischten sich auch ein. Daraufhin beschloss die Führungskraft, präventive Deeskalationshilfe in Anspruch zu nehmen.
Konflikte werden häufig unter den Teppich gekehrt und ignoriert
Tatsächlich ist diese Konfliktdynamik, die ich gerade beschrieben habe, völlig normal. Zuerst werden die Konflikte verneint und fröhlich unter den Teppich gekehrt. Doch wenn der Teppich sprichwörtlich zu fliegen beginnt, tragen die unterdrückten Emotionen ihn in die Luft.
Wir haben keine Zeit für Konflikte
Selbst als die Chefin mich bat, einen Tag außerhalb des Unternehmens mit den beiden zu verbringen, um Missverständnisse auszuräumen, wollten beide unbedingt an ihrem Arbeitsplatz bleiben. Schließlich hätten sie genug Arbeit und keine Zeit für so etwas.
Können Sie sich vorstellen, in welcher Stimmung die beiden zu mir kamen? Im Gespräch selbst erfuhr ich dann auf sachlicher Ebene, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden seit Corona nicht mehr reibungslos verlief. Was früher selbstverständlich war und Hand in Hand ging, schien nun verflogen zu sein.
Mit Storytelling Konflikte lösen
In dieser Situation fiel mir eine Geschichte ein, und ich fragte die beiden, ob ich sie vorlesen dürfte. Zugegeben, sie waren überrascht, aber auch gleichzeitig neugierig, welche Geschichte ich zu erzählen hatte. Ich betonte, dass diese Geschichte vielleicht nichts mit ihnen oder ihrer Situation zu tun haben müsse und begann zu erzählen:
Der 50. Hochzeitstag – die Geschichte
Nach langen Ehejahren mit guten und schlechten Zeiten erreicht ein altes Ehepaar der 50. Hochzeitstag. Beim Vorbereiten des gemeinsamen Frühstücks an jenem Tag denkt die Frau bei sich: „Seit fünfzig Jahren habe ich immer auf meinen Mann Rücksicht genommen und ihm das knusprige Oberteil des Brötchens gegeben. Heute will ich mir endlich einmal selbst diese Delikatesse gönnen.“ Fröhlich schmiert sie sich das Oberteil des Brötchens und legt die andere Hälfte ihrem Gemahl hin. Zu ihrer großen Überraschung ruft dieser, als er sich zu Tisch setzt und seine Brötchenhälfte vorfindet, hocherfreut aus: „Mein Liebling, du bereitest mir die größte Freude des Tages. Über fünfzig Jahre habe ich das Brötchenunterteil nicht mehr gegessen, dass ich vom Brötchen am allerliebsten mag. Ich dachte immer, du sollst es haben, weil es dir so gut schmeckt. Wie aufmerksam von dir, zu unserem 50. Hochzeitstag mir solch ein Geschenk zu machen!„
Gerade als ich meine Geschichte beendet hatte, sahen sich die beiden erstaunt an und legten los. Der Kollege erzählte von seiner bereits verstorbenen Frau (eine nette, kuriose Geschichte), und die Kollegin erkannte darin ihren Lebensgefährten und sich selbst. Gemeinsam malten sie das Bild am Frühstückstisch weiter aus und sprachen darüber, was sie am liebsten essen.
Corona hat die Konflikte dynamisiert
Diese Geschichte passte wie die Faust aufs Auge. Sie löste die Spannungen auf und bildete die Grundlage für ein Gespräch über ihr Miteinander. Die Kollegin erfuhr beispielsweise, dass der Mann während der Corona-Zeit eine schwere Zeit durchgemacht hatte, da er viel zu viel Zeit alleine verbrachte. Die Kollegin war traurig, dass sie dies nicht bemerkt hatte, und erzählte ihrerseits von anhaltenden Beziehungsproblemen (die jedoch den beruflichen Alltag nicht belasten dürften, betonte sie).
Konflikte enden nicht immer in einem Happy End
Ich könnte Ihnen noch viel über den Verlauf dieses Austauschs erzählen und wie die beiden allmählich wieder zueinander fanden. Als Konflikthelfer bin ich überglücklich über dieses Happy End. Allerdings bin ich mir auch bewusst, dass ich wie eine Geburtshelferin unterstützen kann, den Prozess zu begleiten, aber nicht die Entscheidungen für die Beteiligten treffen kann.
Ich bin ein großer Fan von Storytelling, und das möchte ich Ihnen mit diesem Artikel als Impuls mitgeben. Vielleicht möchten Sie in den kommenden Tagen auch mein kostenfreies Webinar zu diesem Thema besuchen. Sie finden es auf YouTube.