Methode mit den Hütchen – Aktive Gesprächsführung

Kategorie(n): Tipps & Tricks

Vom Wissen zum Können

Erfolgreich kommunizieren: Mit wirkungsvoller Gesprächsführung Konflikte lösen, Beziehungen stärken und Ziele erreichen.

Eine Google-Suche nach „aktiver Gesprächsführung“ ergibt aktuell (Stand: April 2023) über 700.000 Treffer. Die meisten davon enthalten Tipps wie „3 Schritte zu erfolgreicher Gesprächsführung in Konflikten“ oder das „5-Phasen-Modell zur effektiven Konfliktlösung“. Diese Ansätze sind zwar oft vielversprechend, aber ihre Umsetzung ist oft schwierig. Wie kann man das erlernte Wissen also tatsächlich in die Praxis umsetzen?

Mir fällt da gerade ein Zitat ein: „Wir sind Wissensriesen und Umsetzungszwerge.“

Sie suchen nach praktischen Tipps zur Gesprächsführung? Dann möchte ich Ihnen anhand eines Beispiels zeigen, wie theoretische Ansätze in der Praxis umgesetzt werden können.

Kundenbeschwerde aus der Praxis

Mein Beispiel: Sandra ist in der telefonischen Kundenbetreuung bei einem Textilhersteller im oberen Segment beschäftigt. Sie betreut Einzelhandelsfachgeschäfte und eigene Stores in allen Belangen (Bestellannahme, Rechnungslegung, Gutschriften, Kontenklärung, Retouren, Reklamationen und Beschwerden). Sie ist seit vielen Jahren im Unternehmen und hat zu vielen Kunden schon ein freundschaftliches Verhältnis. Sie ist kommunikativ, motiviert – und ich empfinde sie als höchst kundenorientiert.

Kundenbeschwerde: Beispiel aus der Textilwirtschaft

Sandra hat bereits vor dem Training eine Situation geschildert, für die sie im Seminar gerne eine Lösung hätte. Es geht darum, dass manche Einzelhändler sich lauthals darüber beklagen, dass sie bestimmte Waren nicht erhalten (aber Wettbewerber haben sie im Sortiment), oder dass Waren im Online-Handel günstiger angeboten werden als im Ladengeschäft. Teilweise sind es endlose Diskussionen, die am Ende zu nichts führen. Sandra sagt: „Beide gehen am Ende teils gefrustet aus dem Gespräch, weil es keine Lösung gibt“

Haben Sie auch einen konkreten Fall vor Augen, für den Sie Tipps zur Gesprächsführung suchen? Möchten Sie wissen, wie Sie in bestimmten Situationen geschickt vorgehen können? Damit das Erlernte auch tatsächlich wirksam wird, ist es wichtig, dass wir ganzheitlich in den Lernprozess eingebunden werden. Doch was bedeutet das genau?

Konfliktlösung: Ich erkläre es Ihnen an dem Sandra-Beispiel:

 Als Lernbegleiter (früher Trainer) ist es meine Aufgabe, die Teilnehmenden aktiv an einem konkreten Fall üben zu lassen. Also nehme ich meine Hütchen, einen roten Faden, Flipchart-Stifte, Papier und Karten und gebe sie dem Teilnehmerkreis. Die Aufgabe: Bauen Sie das Gespräch „Schritt für Schritt“ auf. An jedem Hütchen eine Stationskarte. Dazu in jeder Phase ein DIN-A4-Blatt mit den wichtigsten Anmerkungen und Formulierungsbeispielen. Hier ein paar Ideen:

  • Welche Inhalte möchte ich ansprechen (Sachebene)
  • Wozu will ich mein Gegenüber veranlassen (Appell)
  • Was kann ich für die Beziehungsebene konkret tun (Beziehung)
  • Wie kann ich mich auf mein Gegenüber einstellen (Selbstoffenbarung)

Na, kennen Sie diese Fragen? Genau, es ist das Kommunikationsmodell Schulz-von-Thun. Ich nutze es vielfach, um mich auf Gespräche vorzubereiten und empfehle Ihnen, die verschiedenen Ebenen genau unter die Lupe zu nehmen.

Konfliktbearbeitung – Ziele festlegen

Doch bevor wir weiter in die Tiefe einsteigen, kurz noch zur Frage des Ziels. Wenn mir als Lernbegleiter klar ist, welchen konkreten Wunsch die Teilnehmerin hat, wird einiges deutlicher. Finden Sie nicht auch? Für das Sandra-Beispiel habe ich es so formuliert:

Ziel: Sicher und überzeugend auftreten
Teilnehmer sagt (Sandra)„Ich habe praktische Ansätze und Ideen erhalten, die ich im Training direkt ausprobieren konnte. Das hilft mir.“
DefinitionSicheres und überzeugendes Auftreten braucht Wissen und den Lerntransfer (Können) mit Übungsmöglichkeiten, damit sich die Selbstwirksamkeit einstellt.
Leitende FrageWas kann ich dazu beitragen und aktiv tun, damit das Gespräch – trotz der Umstände – in eine positive Richtung abzielt und beide Seiten mit einem positiven Gefühl aus dem Gespräch kommen?

Nun zurück zu unserem Beispiel: Sandra und ihre Kollegen sind eifrig dabei. Es wird diskutiert, geschrieben, formuliert und über das richtige Vorgehen gestritten (nicht wirklich!). Zwischendurch höre ich jemanden sagen: „Ich verstehe nicht, warum das so schwierig sein soll. Wir telefonieren doch jeden Tag und machen das aus dem Effeff.“ Doch damit sind wir noch nicht am Ziel angekommen. Wir testen das Vorgehen Schritt für Schritt, Hütchen für Hütchen, in einer Simulation. Dabei wechseln wir die Perspektive: Sandra nimmt jetzt die Rolle des Kunden ein, während eine Kollegin die Mitarbeiterin spielt und sich genau an das Drehbuch hält. Wir verfeinern, ergänzen und optimieren das Vorgehen weiter. In manchen Trainings wiederholen wir diesen Ablauf drei bis fünfmal mit unterschiedlichen Akteuren, um allen ein Gefühl für den Plan zu vermitteln.

Jetzt ist es geschafft. Der Gesprächsleitfaden steht. Abschließend nehmen wir uns fünf bis zehn Minuten Zeit und überlegen in der Gruppe, wie wir dieses Drehbuch in den Arbeitsalltag umsetzen können. Tatsächlich wollen einige Teilnehmer die Hütchen mitnehmen. Ich empfehle Fotos zu machen und die Notizen nachher aufzubereiten.

Praxisübung: Was können Sie tun, obwohl Sie nicht in meinem Training sind?

Möchten Sie Ihre individuelle Gesprächssituation optimieren? Dann greifen Sie zu Moderationskarten, DIN-A4-Blättern und einem Flipchart-Stift und erarbeiten Sie Ihr persönliches Drehbuch. Suchen Sie sich einen Sparrings-Partner und gehen Sie die Schritte Schritt für Schritt durch. Reflektieren Sie dabei, ob die Abläufe und Formulierungen eher theoretisch oder praktisch sind. Es ist wichtig, dass jeder Schritt und die Wortwahl zu Ihrer Persönlichkeit passen.

Testen Sie Ihren Gesprächsleitfaden

Wiederholen Sie den Leitfaden mehrmals in den nächsten Tagen, denn einmal ist nicht genug! Machen Sie das so lange, bis Sie die Informationen auf den DIN-A4-Blättern nicht mehr benötigen. Nach kurzer Zeit werden Sie feststellen, dass Sie die Stationen und Inhalte verinnerlicht haben und diese automatisch abrufen können. Dies wird als unbewusste Kompetenz bezeichnet und ist der Schlüssel zum Erfolg bei der Umsetzung.

Viel Erfolg dabei!

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